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40. Konferenz, 4./ 5. Oktober 1990, Kiel

Stärkung des Schutzes des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie des nichtöffentlich gesprochenen Wortes

Wegen der dynamischen technischen Entwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikation ist es dringlich, das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gegen neue Gefährdung zu schützen. Den Risiken für das Recht auf unbeobachtete Kommunikation muß rechtzeitig begegnet werden:

-Die Einführung von ISDN macht es möglich, daß auch nach Beendigung von Telefongesprächen über einen bestimmten Zeitraum gespeichert wird, wer wann mit wem wie lange telefoniert hat.

-Der zunehmende Einsatz von Funkdiensten im Telekommunikationsverkehr (z. B. mobile Telefone, Satellitenkommunikation) ist mit der Speicherung von noch mehr Daten über die Telefonverbindungen verbunden und erleichtert die Möglichkeit des Abhörens und Aufzeichnens der Gesprächsinhalte.

-Zunehmend stehen Abhöranlagen zur Verfügung, mit denen aus der Masse der geführten Telefongespräche bestimmte Telefonate gezielt herausgegriffen, aufgezeichnet und nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewertet und gespeichert werden können.

Das Grundgesetz läßt Einschränkungen des Fernmeldegeheimnisses unter gewissen Voraussetzungen auf gesetzlicher Grundlage zu. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber diese Eingriffsmöglichkeiten mehrmals erweitert und hierbei alle Telekommunikationsdienste (wie z. B. Telefax und Btx) einbezogen. Zudem hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich extensiv ausgelegt. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich :

-Die gesetzlichen Regelungen präziser und enger zu fassen,

-bei Entwicklung, Auswahl und Einsatz von Telekommunikationstechniken darauf zu achten, daß bei deren Betrieb die Speicherung personenbezogener Daten nach Dauer und Umfang auf das wirklich Notwendige beschränkt wird,

-erlaubte Eingriffe in das Grundrecht nach Artikel 10 auf das unerläßliche Maß zu beschränken und eine strenge Zweckbindung der dabei gewonnenen Daten sicherzustellen,

-eine wirksame Kontrolle solcher Eingriffe durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten.

Neben die Ausweitung der Möglichkeit der Überwachung der Telekommunikation treten zunehmend weitere Techniken der heimlichen Datenerhebung(z. B. durch Videoaufnahmen, Abhörgeräte, Richtmikrofone), durch die das Recht auf ungestörte Kommunikation auch außerhalb des Fernmeldebereiches gefährdet ist.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erwartet, daß der Gesetzgeber diesen Gefährdungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung seine Aufmerksamkeit zuwendet. Sie unterstützt in diesem Zusammenhang die Einwände der Bundesregierung in deren Stellungsnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Die Datenschutzbeauftragten sehen in der Stärkung des Schutzes des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie des nichtöffentlich gesprochenen Wortes einen Schwerpunkt ihrer weiteren Arbeit.

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41. Konferenz, 8. März 1991, Bonn

Telekommunikation und Datenschutz

I.

Die Telekommunikation hat außerordentlich stark an Bedeutung gewonnen und ersetzt häufig den Brief oder auch das persönliche Gespräch : Über die dreißig Millionen deutsche Telefone werden monatlich rund drei Milliarden Gespräche geführt. Für die Privatsphäre des Bürgers in einer freiheitlichen Gesellschaft ist es unverzichtbar, daß Telefongespräche unkontrolliert und unbeobachtet geführt werden können. Von existentieller Bedeutung wird dies, wenn der Bürger in Notlagen gerät, aus denen er sich nur mit vertraulicher Beratung und Hilfe befreien kann. Daher unterstützen sowohl die Kirchen als auch Hilfs- und Beratungsorganisationen die Forderungen des Datenschutzes, das "Grundrecht auf unbeobachtete Kommunikation" zu sichern.

Dieser Forderung muß die technische Ausgestaltung der Telekommunikationsnetze und -dienste folgen, und die rechtlichen Regelungen müssen diesen sich aus der Verfassung ergebenden Auftrag erfüllen. Der Gesetzgeber hat in dem am 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Poststrukturgesetz die Bundesregierung aufgefordert, "Rechtsverordnungen zum Schutz personenbezogener Daten der am Fernmeldeverkehr Beteiligten" zu erlassen. Der Ausschuß für Post und Telekommunikation und der Innenausschuß des Deutschen Bundestages haben mehrfach den Schutz des Fernmeldegeheimnisses angemahnt.

Die vom Bundesminister für Post und Telekommunikation vorgelegten Entwürfe von Verordnungen über den Datenschutz bei Dienstleistungen der Deutschen Bundespost TELEKOM (TDSV) und über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (UDSV), widersprechen in wesentlichen Punkten dem Grundrecht auf unbeobachtete Kommunikation. Dabei ist besonders unverständlich, daß der Bundesminister von bereits früher gemachten Zusagen an den Deutschen Bundestag wieder abgerückt ist.

Die Entwürfe bleiben in wichtigen Punkten unter dem Datenschutzniveau, das von der EG-Kommission in ihrem Richtlinienentwurf zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre in öffentlichen digitalen Telekommunikationsnetzen für den europäischen Binnenmarkt angestrebt wird.

II.

Ein wesentlicher Mangel besteht in der beabsichtigten Vollerfassung aller Verbindungsdaten von Telefongesprächen: Für jedes Telefonat soll bis zur Versendung der Entgeltrechnung bei der Deutschen Bundespost TELEKOM festgehalten werden, wer wann wie lange und mit wem telefoniert hat, nach Wahl des Kunden achtzig Tage darüber hinaus. Eine monatliche Auflistung dieser dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Informationen (Einzelentgeltnachweis) sollen Kunden - auch Arbeitgeber - auf Wunsch erhalten können. Außerdem können nach §12 Fernmeldeanlagengesetz (FAG) auch Gerichte und Staatsanwaltschaften bei strafrechtlichen Ermittlungen jeder Art, also auch bei Bagatelldelikten, ohne besondere Voraussetzungen auf diese Daten zugreifen.

Abzulehnen ist auch die vorgesehene Beschränkung des Kunden auf die Alternative, daß von einem Anschluß die Telefonnummer des Anrufers immer oder nie beim Angerufenen angezeigt wird. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung entspricht es, daß der Anrufer in jedem Einzelfall entscheiden kann, ob seine Rufnummer beim Angerufenen angezeigt wird. Umgekehrt hat jeder Angerufene selbstverständlich das Recht, nur Gespräche entgegenzunehmen, bei denen die Nummer des Anrufers angezeigt wird.

III.

Die Datenschutzbeauftragten fordern:

1. Alle - durch die computergesteuerte Vermittlungstechnik entstehenden - Verbindungsdaten sind nach dem Ende der Verbindung mit folgender Maßgabe unverzüglich zu löschen:

In die Entgeltdatenverarbeitung dürfen nur diejenigen Daten eingehen, die zur Berechnung der Entgelte in Summenform unerläßlich sind. Auf Antrag des Kunden darf zur Prüfung der Richtigkeit des in Rechnung gestellten Entgelts oder zur Erstellung eines Einzelentgeltnachweises die Rufnummer des Angerufenen nur in einer zumindest um die letzten vier Ziffern verkürzten Form gespeichert werden. Die Daten sind spätestens achtzig Tage nach dem Absenden der Entgeltrechnung zu löschen.

Die Entscheidung des Kunden über die Form der Abrechnung muß auch bei der Abrechnung zwischen verschiedenen Netzbetreibern respektiert werden.

2. Die Erstellung von "Kommunikationsprofilen", die Aussagen über das persönliche Telefonierverhalten des Bürgers und die Nutzung anderer Telekommunikationsdienste enthalten, muß ausgeschlossen sein.

3. Bei der Anzeige der Rufnummer des Anrufers beim Angerufenen müssen beide die Wahlmöglichkeit haben, diese Anzeige entweder auf Dauer oder im Einzelfall "auf Knopfdruck" zu unterdrücken.

4. Ausnahmen von diesen Grundsätzen - zum Beispiel zur Aufklärung telefonischer Bedrohungen oder in Notfällen - müssen begründet, ausdrücklich geregelt und für den Betroffenen transparent sein.

5. Die Konferenz bekräftigt ihre Forderung (Beschluß vom 4./ 5. Oktober 1990), Eingriffe in das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) auf das unerläßliche Maß zu beschränken und insbesondere nicht schon im Bereich der Bagatellkriminalität zuzulassen. Die Regelung des §12 FAG hat im Zuge der technischen Entwicklung eine verfassungsrechtlich bedenkliche neue Qualität erhalten, da sie nunmehr auch die bei Einsatz neuer Kommunikationstechniken anfallenden Abrechnungs-, Verbindungs-, Nutzungs- und Inhaltsdaten umfaßt. Statt im FAG sollten die Eingriffsmöglichkeiten in das Fernmeldegeheimnis im Rahmen der Strafverfolgung - schon aus Gründen der Normenklarheit - in der Strafprozeßordnung unter engen Voraussetzungen und Beschränkungen abschließend geregelt werden.

44. Konferenz, 1./ 2. Oktober 1992, Stuttgart

"Lauschangriff"

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erklären (bei Gegenstimme des LfD Bayern):

Nachdem erst vor kurzem mit dem Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden erheblich erweitert worden sind und obwohl über den Erfolg dieser Maßnahmen noch keine Erfahrungen gesammelt werden konnten, wird gegenwärtig parteiübergreifend vielfach die Forderung erhoben, der Polizei in bestimmten Fällen das heimliche Abhören und Herstellen von Bild- und Tonaufzeichnungen in und aus Wohnungen (sogenannter "Lauschangriff") zu ermöglichen.

1. Das Grundgesetz gewährt jedem einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist. Dem einzelnen muß um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen ein "Innenraum" verbleiben, in dem er "sich selbst besitzt" und "in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt" (BVerfGE 27,1 ff.). Jedem muß ein privates Refugium, ein persönlicher Bereich bleiben, der obrigkeitlicher Ausforschung - insbesondere heimlicher - entzogen ist. Dies gilt gegenüber Maßnahmen der Strafverfolgung vor allem deshalb, weil davon auch unverdächtige oder unschuldige Bürger betroffen sind. Auch strafprozessuale Maßnahmen dürfen nicht den Wesensgehalt eines Grundrechts, insbesondere nicht das Menschenbild des Grundgesetzes verletzen.

2. Die Datenschutzbeauftragten nehmen die Gefahren, die das organisierte Verbrechen für die Opfer und auch für die Demokratie und den Rechtsstaat heraufbeschwört, sehr ernst. Sie sind allerdings der Meinung, daß eine angemessene Abwägung zwischen der Verfolgung der organisierten Kriminalität und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Bürger geboten und möglich ist und es eine Wahrheitserforschung um jeden Preis auch künftig im Strafprozeßrecht nicht geben darf. Daraus folgt, daß der Lauschangriff auf Privatwohnungen für Zwecke der Strafverfolgung auch in Zukunft nicht erlaubt werden darf.

3. Eine andere Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber für Räume, die allgemein zugänglich sind oder beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeiten dienen (z. B. Hinterzimmer von Gaststätten, Spielcasinos, Saunaclubs, Bordelle), einen Lauschangriff zulassen kann. Hierfür sind Mindestvoraussetzungen ein eng begrenzter abschließender Straftatenkatalog, die Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse ausschließlich zur Verfolgung dieser Straftaten, ein strikter Richtervorbehalt sowie die Wahrung besonderer Amts- und Berufsgeheimnisse.

44. Konferenz, 1. / 2. Oktober 1992, Stuttgart

Datenschutz bei internen Telekommunikationsanlagen

Der zunehmende Einsatz von digitalen Telekommunikationsanlagen (TK-Anlagen) in Wirtschaft und Verwaltung birgt Datenschutzrisiken in sich, denen durch eine datenschutzfreundliche Ausgestaltung der Technik und durch geeignete bereichsspezifische Regelungen entgegengewirkt werden muß. Telefongespräche stehen - auch wenn sie von einem Dienstapparat aus geführt werden -unter dem Schutz des Grundgesetzes. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung hervorgehoben.

Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses und des nichtöffentlich gesprochenen Wortes ist gerade bei Arbeitnehmern bedeutsam, da diese sich in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befinden; aber auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht Dritter, die anrufen oder angerufen werden, muß gewahrt werden.

Entsprechende bundesrechtliche Regelungen für interne TK-Anlagen sind überfällig, da in diesen Anlagen - insbesondere wenn sie digital an das öffentliche ISDN angeschlossen sind - umfangreiche Sammlungen sensibler personenbezogener Daten entstehen können, die sich auch zur Verhaltens- und Leistungskontrolle eignen und zudem Hinweise auf das Kommunikationsverhalten aller Gesprächsteilnehmer geben.

Die Regelungen sollten verbindliche Vorgaben für die technische Ausgestaltung von TK-Anlagen geben und den Umfang der zulässigen Datenverarbeitung festlegen:

-Es müssen die technischen Voraussetzungen gewährleistet sein, daß Anrufer und Angerufene die Rufnummernanzeige fallweise abschalten können.

-Die automatische Speicherung der Rufnummern von externen Anrufern nach Beendigung des Telefongesprächs ist auszuschließen, es sei denn, eine sachliche Notwendigkeit besteht hierfür (z. B. bei Feuerwehr und Rettungsdiensten).

-Die Weiterleitung eines Anrufs an einen anderen als den gewählten Anschluß sollte dem Anrufer so rechtzeitig signalisiert werden, daß dieser den Verbindungsaufbau abbrechen kann.-Das Mithören und Mitsprechen weiterer Personen bei bestehenden Verbindungen sollte nur nach eindeutiger und rechtzeitiger Ankündigung möglich sein.

-Verbindungsdaten einschließlich der angerufenen Telefonnummern sollten nach Beendigung der Gespräche nur insoweit gespeichert werden, als dies für Abrechnungszwecke und zulässige Kontrollzwecke erforderlich ist. Die Nummern der Gesprächspartner von Arbeitnehmervertretungen, internen Beratungseinrichtungen und sonstigen auf Vertraulichkeit angewiesenen Stellen dürfen nicht registriert werden.

-Die TK-Anlagen müssen durch geeignete technische Maßnahmen gegen unberechtigte Veränderungen der Systemkonfiguration und unberechtigte Zugriffe auf Verbindungs- und Inhaltsdaten geschützt werden.

Da TK-Anlagen geeignet sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu kontrollieren, und sie überdies häufig die Arbeitsplatzgestaltung beeinflussen, löst ihre Einführung in Betrieben und Behörden Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte und überwiegend auch der Personalräte aus. Sie dürfen daher nur betrieben werden, wenn unter Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen verbindlich festgelegt wurde, welche Leistungsmerkmale aktiviert und unter welchen Bedingungen sie genutzt werden, welche Daten gespeichert, wie und von wem sie ausgewertet werden. Die Nutzer der TK-Anlage sind über den Umfang der Datenverarbeitung umfassend zu unterrichten.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert, daß umgehend datenschutzrechtliche Regelungen für den Einsatz und die Nutzung von internen TK-Anlagen mit einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten geschaffen werden.

Zuletzt geΣndert:
am 07.02.97

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